Christliche Bedenken gegen die Folter

Folter und Gefängnisse zur Zeit der Hexenprozesse und heute

Christliche Bedenken gegen die Folter

Anton Praetorius (1560-1613) protestierte aufgrund seiner Erfahrungen in einem Hexenprozess in Birstein/Hessen 1597 gegen die Folter und erreichte, dass der Hexenprozess beendet und die Frau freigelassen wurde.

1598 veröffentlichte Praetorius zunächst unter einem Pseudonym (Johannes Scultetus) das Buch „Gründlicher Bericht Von Zauberey und Zauberern“ gegen Hexenwahn und Folter. Die Auflagen 1602, 1613 und 1629 nannten seinen eigenen Namen als Autor.

Texte aus: Anton Praetorius, Gründlicher Bericht von Zauberey und Zauberern, Heidelberg 1613

In Gottes Wort findet man nichts von Folterung, peinlichem Verhör und Bekenntnis durch Gewalt und Schmerzen. Ihr seid im Unrecht. So befiehlt die Kaiserliche Halsgerichtsordnung nicht, dass jeder Richter die Folter brauchen sollte, sondern warnt vor zuviel Gebrauch. (S. 179)

An die Richter: Gedenkt Ihr, dass Ihr dem Urteil Gottes entrinnen werdet?

Ihr steht in des Kaisers Strafe, denn Ihr seid für mutwillige und öffentliche Totschläger und Blutrichter zu halten! Ihr seid des richterlichen Namens und Amtes nicht wert.

Ihr braucht viel Eisen und Schrauben, damit Ihr Finger, Arm und Schienenbein zerquetscht. Ihr zieht und brecht des Leibes Glieder auseinander! Ihr schneidet die Fersen, Ihr sperrt die Mäuler auf und gießt heiß Wasser und Öl hinein.

Gedenkt Ihr, dass Ihr dem Urteil Gottes entrinnen werdet? Gott wird euch in Kürze gewaltig strafen. Dann werdet Ihr selber zur Hölle fahren!

Auch harte Männer werden durch die Folter gezwungen 

Wie soll dann bei uns Christen die unchristliche Folterung an nur in Verdacht stehenden Weibern neben und nach zu langer und schwerer Inhaftierung vorgenommen, geschweige wiederholt werden? Denn die Erfahrung zeigt, dass auch fromme und harte Männer dadurch gezwungen werden, wider und über sich zu bekennen, was sie doch nie gedacht, und sich ohne irgendeine Schuld hinrichten lassen, damit sie nur der Folter entgehen. (S. 181)

Etliche nehmen sich selbst eher das Leben

Etliche fallen nach der Folter in Ohnmacht und sterben plötzlich, dass sie im Gefängnis tot gefunden werden. Etliche nehmen sich selbst eher das Leben, als sie die Folterung erwarten oder zum wiederholten Male gequält sein wollen. (S. 182)

Weil das peinliche Verhör so unchristlich ist

Weil das peinliche Verhör so unchristlich, so scharf, so gefährlich, so schädlich und dazu so betrügerisch und ungewiss, soll es von christlicher Obrigkeit [Regierung] nicht gebraucht noch gestattet werden, ungeachtet, ob sie im gemeinen oder kaiserlichen Recht enthalten ist. So hat es auch seinen Ursprung nicht von Rechtsgelehrten und Gesetzgebern, sondern von heidnischen Tyrannen: je mehr jemand foltert und foltern lässt, desto gleicher tut und wird er den Tyrannen. (S. 182)

Folter ist vieler und großer Lügen Mutter

Ihr macht es auch viel zu grob, unrecht, abergläubisch, schändlich und tyrannisch mit dem peinlichen Verhör. Ich sehe nicht gern, dass die Folter gebraucht wird:

  1. Weil fromme Könige und Richter im ersten Volk Gottes sie nicht gebraucht haben.
  2. Weil sie durch heidnische Tyrannen aufgekommen ist.
  3. Weil sie vieler und großer Lügen Mutter ist.
  4. Weil sie so oft die Menschen am Leib beschädigt.

Heute gefoltert – morgen tot

Weil auch endlich viele Leute ohne gebührliches Urteil und Recht vor jeglichem Schuldspruch dadurch im Gefängnis umkommen: Heute gefoltert – morgen tot. (S. 217)

Und wenn ich sagte, ihr oder einer von euch hätte mein Haus aufgebrochen und durch Diebstahl beraubt, wolltet ihr oder derjenige darauf auch selbst verhaftet und gefoltert werden? Wenn nicht- warum dann andere? (S. 225)

Ist die Folter anfänglich erfunden worden von denen, die Gottes Wort nicht kannten. (S. 231)

Endlich ist gewiss: Der Teufel fühlt die Schmerzen der Folter nicht und wird dadurch nicht vertrieben. (S. 235)

Ihr Herrn und Richter habt die armen Leute mit Folterung …auf den Weg der Verzweiflung gebracht…: Deshalb seid ihr schuldig an ihrem Tod.

Ihr Herrn und Richter habt den armen Leuten mit Folterung und Drohungen zu hart zugesetzt, sie furchtsam und weich gemacht und also auf den Weg der Verzweiflung gebracht (sonderlich mit Reden wie diesen: Du hast keinen Anteil an Gott, du bist des Teufels, der Teufel hält dir die Zunge, gibt dir diese und jene Antwort ein usw.). Deshalb seid ihr schuldig an ihrem Tod. (S. 239)

Zum anderen ist das nicht ein geringes Stück grausamer Tyrannei und unsinnigen Blutvergießens, dass sie die Übeltäter unwiderruflich verdammen, ehe sie vor Gericht aus dem Gefängnis kommen, und nur dorthin stellen, dass in ihrer Gegenwart ihr Bekenntnis und das Urteil des Gerichts vorgelesen wird und fertig – ohne Berücksichtigung, ob der Schuldige sein Bekenntnis ablegt oder ganz oder halb widerruft, weil es mit der Folter erzwungen wurde, oder ob er sonst etwas einzuwenden habe zu seiner Verteidigung.

Wenn sie öffentlich bloßgestellt oder beschuldigt werden, sollte man ihnen auch öffentliche Verteidigung freistellen und zulassen. Und es sollte ihnen auch auferlegt, befohlen und abgefordert werden, es durch ihren eigenen oder den Mund eines anderen zu tun. (S. 255)

…ist alles Jagen, Fangen, Binden, Einschließen, Foltern, Brennen, Töten gar umsonst – und es wird kein Aufhören, Besserung, Fried und Ruhe erfolgen. (S. 300)

Könnt und wollt ihr es aber nicht tun, dass schuldige Hexen bekehrt und gebessert werden und noch unschuldige Leute gar keine Hexen würden, so lasst auch von ihnen ab mit eurem Foltern und Brennen, und denkt daran, dass ihr selbst schuldig seid an ihrer Blindheit und Verirrung. (S. 312)