Kirchentag München 2010 – Rückmeldungen

Kirchentag München 2010

Rückmeldungen und Anmerkungen zum Gedenkgottesdienst

Dirk Römer

Zur Herz-Jesu-Kirche: Das Gebäude hat mich sehr beeindruckt, besonders im Inneren. Ein guter Kontrast: Helligkeit, Durchlässigkeit zu dem „dunklen“ Kapitel der spät-mittelalterlichen Geschichte.

Besonders beeindruckend fand ich die Tanzeinlage und die persönlichen Statements zu den verurteilten Personen, sowie die Musik ua. Friedrich Spee und seine weihnachtliche Hoffnungzeile. Einige neuere Lieder waren mir zu abgestanden – naja.

Deine Predigt war wortgewaltig, leider manchmal überzogen, wenn ich das sagen darf. Zumindest hat sie in mir die Frage ausgelöst, ob nicht eine semantische Kritik vorrangig ist, die mit dem Begriff „Hexe“ anfängt. Die Zuschreibung einer Person identifiziert die Person mit dem, was man von ihr hält, es bleibt also, das Negative an ihr haften, was ihr eigentlich nicht zueigen ist. „Hexe“ ist immer negativ konotiert. Es ist eine weibliche Person. Den Ausdruck „Hexer“ kennt der „Wahrig – die deutsche Rechtschreibung“ Güterloh 2007 nicht, nur „Hexenmeister“,  trotz der männlichen Personen, die in Hexenprozessen verurteilt wurden. „Hexe“ wird synonym als „Zauberin, böse Frau, Fee, Drude“ oder „Xantippe“ siehe „Wahrig – Synonym-Wörterbuch“ Gütersloh 2006 wiedergegeben. Ich würde von Opfern religiösen und sexistischen Wahns sprechen, der der Religion eigen sein kann.
Zurück zur Predigt: Mir hat ein Satz gefehlt, der deutlich macht, dass „Wir alle sind Hexe/r“ und eben nicht nur die Organisatoren von Hexenprozessen, oder in der Umkehrung „Christus war/ist ein Hexe/r“. Das ist sicher noch sehr unvollständig gedacht, doch lediglich das Leiden der/von engagierten, verleumdeten Mitmenschen zu bedenken, ist mir eigentlich zu wenig.

Für heute so viel und danke für dein Engagement, das Sibylle und ich bewundern.

Pressezentrum Nachrichtenredaktion 2. Ökum. Kirchentag 2010

Meldung Nr. 241
Datum: Samstag, 15.05.2010
Stichworte: Hexenverfolgung
Veranstaltung:Gedenkgottesdienst für Opfer der Hexenprozesse
Ort: Kirche Herz Jesu
Programm Seite:53

„Brennen soll’n sie! Brennen!“

Über 25.000 Menschen wurden in der Frühen Neuzeit wegen Hexerei hingerichtet. Zum ersten Mal auf einem Kirchentag findet heute ein Gedenkgottesdienst für die Opfer statt.

Oberkirchen, 1630. Ihr Kleid schimmert seidig, als der Scharfrichter das erste Holzscheit entzündet. Rings um den Scheiterhaufen tobt die johlende Menge, es weht ein kalter Märzwind. Nach stundenlanger Folter hat sie gestanden: Eine Geschichte vom Tanz mit dem Teufel erzählt, von goldenen Bier- und Weinfässern, von Unzucht und Wolllust. Der Richter bestraft sie mit dem Tod. Und mit ihr 58 weitere Menschen. Christine Teipel ist acht Jahre alt.

Am Samstag findet zum ersten Mal auf einem Kirchentag ein Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenverfolgung statt: Am Samstag um 16 Uhr in der Herz Jesu Kirche. Die Initiative Arbeitskreis Hexenprozesse aus Unna will auf die maßgebliche Beteiligung der Kirchen an der Hexenverfolgung aufmerksam machen. Im Gottesdienst werden die Namen der Hingerichteten genannt und Gedenksteine aufgestellt.

Die Ernte verdirbt, das Vieh stirbt, die Menschen leiden Hunger und Durst. Für die Katastrophen ihrer Zeit suchte die Bevölkerung einen Sündenbock. Und fand ihn in den vermeintlich geheimen Hexensekten. Viele Päpste, Bischöfe und Reformatoren wie Luther und Calvin glaubten an die Existenz des Teufels und von Hexen. In vielen Predigten wurde die Angst der Gläubigen geschürt und zur Verfolgung und Hinrichtung von Hexen aufgerufen. 80 Prozent der Hingerichteten waren Frauen. Der Rest Männer und Kinder. Meist traf es arme Menschen, Witwen und Zugezogene. In vielen Gegenden vermuteten die Verfolger gar, dass die Hexerei sich vererbt.

Für viele kirchliche Institutionen ist die Hexenverfolgung noch immer ein Tabuthema. Nur die evangelisch-lutherische Kirche in Bayern hat 1997 öffentlich Stellung genommen zur Mitverantwortung der Kirchen. „Wir müssen die unschuldig Verurteilten rehabilitieren“, sagt Hartmut Hegeler vom Arbeitskreis Hexenprozesse. „Sie waren keine Hexen. Ihre angeblichen Verbrechen entstammten der Fantasie der Theologen, Juristen und Regierenden.“ Der evangelische Pfarrer kämpft seit Jahren für die Aufarbeitung dieses Geschichtskapitels. Hegeler setzt die Verfolgung vor 400 Jahren gleich mit der aktuellen Ausgrenzung und Folter von Menschen in aller Welt.

Verantwortlich: Rüdiger Runge – Leitung Nachrichtenredaktion: Detlef Kühn

Erika Haindl

„Damit Ihr Hoffnung habt“

Teilnahme des “Zentrums für altes und neues Wissen und Handeln“ an einem Gottesdienst für die Opfer der Hexenverfolgungen auf dem  ökumenischen Kirchentag  in München.

Das Handbuch mit dem Programm  des diesjährigen Kirchentages füllte  720 Seiten und es fanden sich außerdem in Extra-Ankündigungen der christlichen Zeitung „Publik Forum“ weitere hervorragende Angebote. Die Breite dieses Programms spiegelt die Komplexität unserer Gegenwart. Und mitten drin wurde ein Gottesdienst angekündigt, den man im Progamm zurückliegender Kirchentage umsonst gesucht hätte: ein „Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenprozesse“. Verantwortlich dafür: der Hexenprozesse-Abeitskreis „Friedrich Spee“ aus Unna. Der Gottsdienst fand in der Herz-Jesu-Kirche statt, einem ungewöhnlich modernen Bauwerk in München, das  geradezu nach neuen Formen der Kommunikation verlangt.

Die Gruppe um Pfarrer Hartmut Hegeler aus Unna hatte auch einen Stand  auf der „Agora“, dem „Markt der Möglichkeiten.  Hier fanden sich auch alle diejenigen ein, die später an dem  gemeinsamen Gottesdienst mitwirkten: Aus Hofheim waren zwei Vorstandsmitglieder des „Zentrums für altes und neues Wissen und Handeln“ ebenfalls am Stand von Unna vertreten: Helga Filzek und Erika Haindl. (Auf der Rückseite des Gottesdienst-Programms waren Denkmäler  für die Opfer abgebildet – eines davon zeigt das Relief am Hexenturm in Hofheim.) Auch Margit Hofmeister aus Bad Waldsee, war gekommen, die zunächst gegen großen Widerstand zu kämpfen hatte, das tabuisierte Thema in Bad Waldsee  aktuell zu machen – inzwischen hat die Stadt eine Straße nach einer der hingerichteten Frauen benannt.) Auch Frauen aus Fulda waren da, die dort einen großen Stein für die als Hexen vernichteten Frauen aufgerichtet haben und Ursula Vaupel wae gekommen, die 2009 im hessischen Eschwege die Rehabiliierung von zwei als Hexen  gefolterten und zum Tode verurteilten Frauen durchsetzen konnte.

Der Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenverfolgungen wurde von mehreren Pfarrern und den engagierten Frauen gemeinsam gestaltet; eine eindrucksvolle Darstellung, dass in der eigenen Gegenwart  genügend Frauen und Männer  leben, die den starken Willen haben, unaufgearbeitete Verbrechen der Vergangenheit zu „versöhnen“, indem sie  sich für  eine Rehabilitierung der Opfer einsetzen, denn diese gelten nach wie vor als Schwerverbrecherinnen und Schwerverbrecher. Mit Ausnahme der evangelischen Kirche in Bayern und von Eschwege hat weder von kirchlicher noch von weltlicher Seite bisher eine Rehabilitierung stattgefunden.

Der Gottsdienst  bekam ergreifende Akualität durch die von den Frauen vorgetragenen Schicksale einzelner Verurteilten, für die jeweils eine Kerze entzündet wurde, als Zeichen, dass wir ihre entsetzlichen Leiden, ihre Verlassenheit nicht vergessen werden.

Pfarrer i.R. Hartmut Hegeler aus Unna  hielt die Predigt, mit der er unmissverständlich klar machte, um was es geht: Dem Leiden der Opfer der Hexenprozesse zu gedenken. Indem er sich auf die Schmerzen und die Verlassenheit von Jesus bezog, wies er auf die Gnadenlosigkeit hin, mit der gefoltert wurde, womit die absurdesten Geständnisse erpresst wurden: „Aufdecken wollen wir diesen beschämenden Abschnitt der Geschichte des christlichen Abendlandes, weil es unsere Geschichte ist.“

Hegeler ließ keinen Zweifel aufkommen, was diese weit zurückliegende  Vergangenheit mit heute zu  tun hat: „Im Alltag müssen  wir es bis heute, erfahren, wie Menschen ausgegrenzt werden, gemobbt werden. Menschen werden verfolgt, gefoltert, hingerichtet.“

Die Kirchen haben 2001 die Dekade zur Überwindung der Gewalt ausgerufen. Pfarrer Hegeler: „Viele Menschen warten auf eine klare kirchliche Stellungnahme zu den Hexenverfolgungen. Das ist ein Prüfstein für die Glaubwürdigkeit kirchlichen Redens und Handelns. Jetzt, zum Ende der Dekade ist eine theologische und rechtliche Rehabilitierung der Opfer ein überfälliger Akt im Geist der Versöhnung von Seiten der Kirchen.“

Die Prozesse wurden gemäß der zunehmenden Zentralisierung staatlicher Macht vor weltlichen Gerichten mit einer peniblen Gesetzestreue und geradezu unerbittlichen Grausamkeit geführt. „Wer sich mit der Hexenverfolgung befasst“ – so Pfarrer Hegeler in seiner Predigt – erschrickt über die Rolle, die die Kirchen, auch die Kirchen der Reformation dabei gespielt haben. Die Hexenverfolgung wurde theologisch legitimiert und mit Billigung der damaligen Kirchen durchgeführt.Die Geschehnisse in den Hexenprozessen erfüllen uns aus heutiger Perspektive mit Erschrecken und Scham. Wir beklagen das unendliche Leid, das Frauen und Männer und Kinder erlitten haben.

Diese Frauen und Männer waren keine Verbündeten des Teufels, sondern Frauen und Männer, die in die Fänge der Malefizjustiz gerieten. Geständnisse wurden durch die Folter erzwungen, und sie waren keine Zauberer, denn niemand kann das Wetter verzaubern, und niemand kann auf einem Besen durch die Luft reiten. Pfarrer Hegeler spach es voll Erregung aus: „Sie waren keine Hexen, sondern ihre angeblichen  Verbrechen entstammen der Fantasie der Theologen, Juristen und Regierenden. Wir wollen die Ausgegrenzten aus dem Dunkel der Vergessenheit zurückholen, ihnen ihre Würde und Christenehre wiedergeben.“

Indem alle am Gottesdienst Teilnehmenden die Arme weit ausbreiteten, wurden sie zu einem intensiven Ruf nach Versöhnung, zu einem hundertfachen lebendigen Mahnmal für die Rehabilitierung der Frauen, Männer  und Kinder, die Opfer der Hexenverfolgungen geworden waren.

Pfarrer i.R. Eckhard Groll sprach das Glaubensbekenntnis ensprechend dem der Weltkonferenz von Seoul von 1990: „Ich glaube an Gott, der die Liebe ist, und der die Erde allen Menschen gechenkt hat …“

Traudl Kleefeld

Gründliche Vorarbeit und Vorbereitung für den Gottesdienst (incl. die Koordination von so zahlreichen Mitarbeitenden!!), der mir trotz einiger Längen doch sehr gut gefallen hat. Eindrucksvoll und bewegend war der Tanz von Frau Gatscha.
Vielleicht hätte man den Altar mit in die gottesdienstliche Handlung einbeziehen sollen (nicht nur mit dem Anzünden von Kerzen) – ich achte bei Weltgebetstagsgottesdienst immer darauf, dass der Unterschied zwischen Information, Kommentaren etc. an der Kanzel und Gebeten, Anrufungen, Glaubensbekenntnis, Schuldbekenntnis etc. am Altar deutlich wird. Meiner Ansicht nach hätte man auch das nochmalige Nennen der Namen weglassen und dafür die Klangschale schon nach jedem individuellen Bericht erklingen lassen können. Aber – wie gesagt – das sind nur Anmerkunge am Rande.

Dr. Erika Haindl

Kommentar zu den beiden Veranstaltungen

– Stand des „Arbeitskreises  Hexenprozese“, Unna

– „Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenprozesse“

Über die Ökumenischen Kirchentag kann ich nicht viel sagen, denn Helga Filzek und ich waren meistens zu Veranstaltungen des „Publik Forum“ gegangen; die Vorschläge dieser vorzüglichen Zeitung – sie nennt sich „kritisch – christlich –unabhängig“ – sind von der Kirchentagsorganisation alle abgelehnt worden, darunter eine mit Eugen Drewermann. Da waren mindestens 1000 Leute gekommen.
Mir ist nicht klar, wie Hartmut Hegeler das erreicht hat, einen „Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenprozesse“ ins offizielle Programm zu bekommen. Bei unseren Bemühungen um die Rehabilitierung der als Hexen hingerichteten Frauen hier in Hofheim auch die Kirchen zur Mitarbeit zu gewinnen, haben wir sowohl von den evangelischen wie auch katholischen Kirchen nur Absagen bekommen, mit dem Argument, sie hätten zu viel Arbeit.

Zum Stand auf der “Agora“: Der Büchertisch war eindrucksvoll. Man sollte u.U. auch Belegexemplare von anderen Veröffentlichungen zur Ansicht auslegen. Das würde das Spektrum weiter fassen.

Die Wandtafeln sind wert, auch zu anderen Ausstellungen in anderen Städten gezeigt zu werden. Wir sind daran interessiert, falls wir die Rehabilitierung durch die Stadtverordnetenversammlung durchbekommen. Wir planen, u. U. eine Ausstellung zu machen. Wer hat noch vergleichbare Tafeln? Es wäre schön, wenn Ihr Euch melden würdet, dass wir Kontakt aufnehmen können.

Es war eindrucksvoll, wie viele Leute am Stand an Informationen interessiert waren. Der sprachliche Aufwand war immens und manche haben die Petitionen dann doch nicht unterschrieben. Auf der anderen Seite war bei manchen Leuten deutlich, dass das Thema sie sehr berührt. Vielen Dank an Dich, Hartmut und Deine Helfer, dass wir die Möglichkeit hatten, durch Deinen Stand für unsere Bemühungen eine größere Aufmerksamkeit zu erhalten. Deine Bemerkung, dass Deine Landeskirche an dem Hexenthema derzeit kein gesteigertes Interesse zeigte, lässt zwei Dinge vermuten: Entweder haben die Kirchen wirklich so viel Arbeit neben ihren eigentlichen seelsorgerischen Aufgaben, dass ihnen das Wasser am Hals steht oder aber, sie verdrängen immer noch ihre Schuld an diesem historischen Genozid. Die Aufarbeitung dieses erschreckenden Unrechtes scheint also auch weiterhin offensichtlich den privaten Initiativen überlassen zu sein.

Zum Gedenkgottesdienst

Schade, dass relativ wenige Kirchentags-Besuchenden den Weg in die Herz-Jesu-Kirche gefunden hatten, gemessen an der sonst üblichen Fülle bei anderen Veranstaltungen. Ich nehme aber an, dass sich niemand von den Anwesenden dem Thema entziehen konnte.

Meine Kritik ist eher marginal angesichts der Ergriffenheit, die durch die engagierte Predigt von Hartmut Hegeler und den einzelnen Beiträgen von uns Frauen getragen wurde.

Was wir hätten ein wenig besser machen können: Ich glaube, es hat die Gottesdienstbesucher etwas irritiert, wie wir so nervös bei der vorbereitenden Organisation agiert haben: das „wo“ und “wie“, „Mikrophone hier oder dort“ etc. – das war nicht günstig für eine meditative Einstimmung der Leute auf das Thema. Da nächste Mal sollten wir das möglichst früher abklären. Eins-zwei von uns hätten uns mit dem Raum früher vertraut machen müssen – so sind wir alle nervös durcheinander gewirbelt. „Chaos Frau“ – aber wir sind lernfähig!! Jedenfalls das Programm des Gedenkgottesdienstes war, auch aufgrund der knapp bemessenen Zeit außerordentlich konzentriert, und die Reaktionen des Publikums nach dem Gottesdienst waren sehr berührend. Also nochmals: Vielen Dank an alle für unermüdliches Engagement.

Viele Grüße
Dr. Erika Haindl, Hauptstr. 21, 65719 Hofheim am  Taunus, Tel. 06192-24158, ed.ro1713264411cra@L1713264411ldnia1713264411h.e1713264411

Ursula Vaupel

Noch immer klingt unser Gottesdienst in mir nach, und ich hatte große Schwierigkeiten, mich wieder im Alltag zurecht zu finden. Darum heute nur ein paar Worte:

umfassende Vorbereitungen und bewegende, leidenschaftliche Predigt.
Liebe Grüße und noch einmal meine Bewunderung für den Gottesdienst in der Herz – Jesu – Kirche.

Margit Hofmeister

Ich bin glücklich bei diesem historischen Meilenstein dabeigewesen zu sein und denke auch, daß eine Wiederholung nicht schaden würde. Im Anhang meine Eindrücke vom Gottesdienst.

Hexengedenkgottesdienst am Samstag, 15.5.2010, um 16 Uhr in der Herz-Jesu-Kirche beim Ökum. Kirchentag in München.

Die lichtdurchflutete Herz-Jesu-Kirche war in Ihrer Klarheit und ohne die Gewaltdarstellungen, die in älteren Kirchen vorherrschen wie Balsam auf meine Seele.

Dieser Gottesdienst war in jeder Hinsicht außergewöhnlich. So wird er in die Geschichte eingehen.

Zuvor wurde auf der Agora an einem Stand  drei Tage lang informiert und mit vielen BesucherInnen diskutiert.

Ausgehend, daß die Kirchen 2001 die ökumenische Dekade zur Überwindung der Gewalt ausgerufen haben, um damit zu beginnen, ihren “Anteil an der Gewalt zu akzeptieren und die Verantwortung dafür zu übernehmen“, waren an diesem regnerischen Spätnachmittag ca. 200 interessierte Menschen versammelt.
Noch nie wurde in einem Gottesdienst mit solcher Deutlichkeit die Rehabilitierung und Rücknahme der Exkommunikation der als Hexen Verfolgten von der Kirche gefordert.

Ebenso wurde in vielen Beispielen, mit Tanz, Musik und Kunst mit allen Sinnen Geschichte vermittelt, die alle GottesdienstteilnehmerInnen erreichte und diese traurige Geschichte würdevoll vermittelte.

Mein Name ist Margit Hofmeister und ich habe an Sibylle Schuler aus Bad Waldsee erinnert, die 1604 hingerichtet wurde und nun in Bad Waldsee einen Straßennamen hat. Es war nicht einfach für mich die richtigen Worte für Sibylle zu finden.
Die unschuldig Verurteilten erfahren Rehabilitierung,  wenn wir die Betondecke des Vergessens durchbrechen und ihre Namen nennen und ihnen ihre Ehre als Christinnen und Christen wiedergeben.

Es war beeindruckend, wie gut der Gottesdienst von allen Teilnehmenden vorbereitet war und Pfarrer Hartmut Hegeler in Federführung alle in der Gestaltung zusammenführte und einbezog.

Wir waren über 20 Personen und kannten einander persönlich nicht und dennoch war es möglich in einer halben Stunde Vorbereitung und Absprache diesen würdevollen Gottesdienst zu feiern. Das ist durchaus nicht selbstverständlich und zeugt von der großen Ernsthaftigkeit der TeilnehmerInnen.

Am Schluss durfte ich am Ausgang, die von Frau Kemmerich mitgebrachten Gedenksteine den Gästen überreichen. Alle ohne Ausnahme waren ergriffen, dankten für den Gottesdienst oder wollten sogar in Ihrer Gemeinde einen Gedenkort veranlassen. Alle waren der Ansicht, dass die Rehabilitierung wichtig ist. Auch wenn der Gottesdienst um eine Viertelstunde überzogen wurde nahm daran kein Gast Anstoß.

Für mich war sehr wichtig, dass im zweiten Teil der Bezug zur heutigen Zeit gezogen und angeprangert wurde, dass eigenes Verschulden nicht auf Sündenböcke abgewälzt werden darf.

Mögen die christlichen Kirchen sich endlich  überwinden und die Exkommunikation von diesen unschuldig verurteilten, oft sogar noch unter der Folter ihren christlichen Glauben bekennenden, armen Menschen nehmen.

Gudrun Hermann

Rückmeldung

Die Struktur und Dramaturgie des Gottesdienstes waren hervorragend, auch die Organisation. Ein besonderer Dank an Sie!

Sehr gut und stimmig fand ich auch die künstlerische Gestaltung von Angelika Marschall sowie den szenischen Tanz von Beate Gatscha.

Die verschiedenen Schicksale durch verschiedene Menschen lesen zu lassen, war eine gute Idee. Die durch den Wechsel entstehenden Pausen waren nötig, um dem Gehörten nachzuspüren. Und jede und jeder hat ja sehr unterschiedlich informiert und formuliert.

Bei den geschichtlichen Informationen empfand ich die Vielzahl und den ständigen Personenwechsel aber störend, zu unruhig. Hier würde ich in Zukunft nur eine, höchstens zwei Personen sprechen lassen. Die notwendigen Pausen werden durch die Lieder geschaffen.

Auch die „Abkündigungen/Danksagungen“ würde ich beim nächsten Mal aus dem Gottesdienst verbannen, da sie den Spannungsbogen unterbrechen, der dann kaum wiederherstellbar ist. Solche Dinge könnten im Liedblatt aufgenommen werden.
PS. Es war schön, dass wir nach dem Gottesdienst noch zusammen saßen. München hat sich gelohnt!

Uschi Heppenstiel

Zur Evaluation im Telegrammstil:

Die drei EvaluatorInnen, zwei Studenten, eine Studentin – alle Uni Würzburg, haben uns erläutert, dass sie das Ganze für uns (nicht für sich!) machen und hätten sich über mehr Interessierte gefreut. Sie mussten an dem Tag noch mehrere Gottesdienste beurteilen und waren schon ein bisschen in Eile.

Sie fanden gut: darstellenden Tanz (dazu passende Musik), Musik, Klangschale,Segen mit Handauflegen, Menschenkette/Kreuzzeichen, Gottesdienstelemente wie Segen, Predigt, Psalm,Lieder ( kommt nicht mehr in allen Gottesdiensten vor), bewegende Einzelschicksale, Steine zum Mitnehmen

Sie fanden nicht so gut: insgesamt zu lang, zu lange Predigt, Ökumenische Dekade 2001 wurde 3x erwähnt, zu viele Einzelschicksale (siehe Zeitüberschreitung)

Ich habe ihnen ergänzend erläutert, dass

  • es extrem schwierig ist, wenn frau so viel über ein wenig bekanntes Thema weiß und nur heute die Gelegenheit hat die Zuhörenden zu informieren – die Texte derartig zu komprimieren
  • wir uns z.T. 25 min vor Gottesdienstbeginn zum ersten Mal gesehen haben
  • wir nicht alle ständig mit Kamerabegleitung Gottesdienst feiern
  • es für die Zeit die wir zum Proben hatten, alles sehr gut gelaufen ist!!

Es ist Ihnen nicht bekannt, was mit ihrer Einschätzung geschieht und ob wir davon noch mal etwas hören.

Ursula Vaupel

Lieber Hartmut!

Für mich gab es drei Höhepunkte: Das war der Ausdruckstanz von Beate Gatscha, der mir richtig unter die Haut ging, das war Dein leidenschaftliches Plädoyer (für alle, die sich mit Hexenprozessen beschäftigt haben, war es nicht „überzogen“, wie Dirk Römer kritisiert und die von ihm geforderten semantischen Klärungen waren hier nicht angebracht – jede/r wusste, wer gemeint war) und unsere Menschenkette mit den ausgebreiteten Armen zum Schluss. Gewiss hat die Hektik vor Beginndes Gottesdienstes gestört, wie Erika anmerkt, andererseits war es bewundernswert, dass der Gottesdienstes dann doch so störungsfrei ablief, weil wir Frauen uns schnell geinigt hatten.Allerdings sollte ein andermal ein Vorgespräch eingeplant werden – in Ruhe und nicht vor dem Altar.

Die Hektik war mit dem Tanz der „Hexe“ vergessen und wich einer atemberaubender Beklemmung, die in dem Psalm 22 ihren sprachlichen Ausdruck fand.Von den Leidensgeschichten bewegte mich am meisten der Brief des Bamberger Oberbürgermeister Junius an seine Tochter – drei Folterberichte erschienen mir zu viel. Ebenso ging es mir mit den Kurzdarstellungen der „Hexenschicksale“; sie waren in ihrer Kürze und ihrer Anzahl – so glaube ich – für Unkundige nicht mehr zu erfassen. Zwei ausführlich dargestellt, hätten wahrscheinlich mehr beeindruckt. So wäre es für den evangelischen Kirchentag in Dresden zu überlegen, ob man das Schicksal von besonders starken „Hexen“ erzählt, von einer, die der Folter widerstanden hat oder von den beiden Eschwegerinnen: Catharina Rudeloff und Martha Kerste – Tochter und Mutter – widerriefen bei der Gegenüberstellung, denunzierten niemand und Catharina entfloh sogar dem Kerker, nachdem sie in mühevoller Arbeit ein Kettenglied an ihrer Sandsteinbank durchscheuert hatte. Die Verurteilung der beiden Frauen ist deutlich und exakt als Justizmord nachzuweisen.

Das Seouler Glaubensbekenntnis hat mit zugesagt – endlich eins, das ich ohne Vorbehalte und Bauchschmerzen mitsprechen kann. Trotz der genannten Vorbehalte bewegte mich der Gottesdienst zutiefst und ich war von Deinem Mut und Deinem Engagement ergriffen. Ich möchte Dir danken, auch für den unglaublichen Arbeitsaufwand an Vorbereitungen und Koordinnation und die Gestaltung des Standes, der so viel Beachtung gefunden hat.

Dankbar bin ich auch dafür, dass ich so interessante und engagierte Frauen kennenlernen konnte. Gemeinsam können wir vielleicht doch die Kirchenoberen zu einer Rehabiltation und einer Entschuldigung bewegen!!.

Christine K., katholische Kirchengemeinde, München

Sehr geehrter Herr Pfarrer Hegeler,

ich habe Ihren Gedenkgottesdienst für die Opfer der Hexenprozesse besucht,
und Sie beim Herausgehen angesprochen.

Mich hat Ihr Gottesdienst sehr berührt, die Gestaltung fand ich sehr gut. Sie haben gute Informationsarbeit geleistet, man hat als Laie nicht viel Ahnung, wer, wann, wo und warum als Hexe/r verbrannt wurde. Ich war sehr betroffen. Ich finde es sehr gut, dass Sie sich für die Opfer einsetzen und deren Würde wiederherstellen wollen.

Ich habe noch mit einigen Leuten gesprochen, unter anderem mit unserem Mesner, Herrn E., alle waren sehr berührt und von der Gestaltung sehr angetan. Eine Dame hat mich angerufen, und es sehr bedauert, dass sie dem Gottesdienst nicht beiwohnen konnte, weil sie erkrankt war. Ich habe ihr Ihre Broschüre zukommen lassen.

Insgesamt habe ich vom ÖKT ein sehr gutes Gefühl der Zusammengehörigkeit und des Gemeinschaftsgeistes gehabt. Es war schön zu sehen wie viele junge Leute auch hier in München waren.

Nochmals vielen Dank und herzliche Grüße

Sarah-Luise Weßler

Ich persönlich habe mich an dem Gedenkgottesdienst verlassen gefühlt. Die Frauen um mich, haben mich umsorgt, meine Fragen beantwortet und mir ein bisschen Orientierung gegeben. Doch mir hat das Miteinander gefehlt. Ich kenne Gemeinschaftsgottesdienste anders. Sie beginnen in der Gottesdienstgruppe mit einem gemeinsamen Moment, einem gemeinsame Gebet, einer gemeinsamen

Segensbitte um den Geist der Gottheit.- Darin sehe ich ein gemeinsames Rüsten für den Gottesdienst und nocheinmal ein kurzes Vergewissern, ob jedeR weiß, was er/sie zu tun hat.

Das Fernsehn hat mich persönlich sehr gestört, auch wenn ich mir vorstellen kann, dass es für Sie sicher von großer Bedeutung war, dass eben jener Kameramensch anwesend war, der vorab bereits Filmpreise erhalten hat. Mit Sicherheit hat Sie, als Prediger und Hauptverantwortlichen, mit ganzen Stolz erfüllt. – Ich war am Abend zuvor in einem anderen Gottesdienst, dort wurde die Gemeinde gefragt, ob das Fernsehn da sein und filmen darf. Die Gottesdienstleitung hat mit dem Fernsehn die Wünsche der Gemeinde besprochen, ist darauf eingegangen, dass es Personen gab, die nicht i Fernsehn erscheinen wollten. Ich weiß nicht, was das Team alles gefilmt hat, ob ich vielleicht auch im Fernsehn war… Doch ich finde, dass für eine derartige Absprache hätte Zeit sein müssen, um die Befindlichkeiten herauszufinden.

Ich habe mit dem Fernsehn bereits negative Erfahrungen gemacht. Das was in jenem Moment vor der Kamera passiert, was später daraus gemacht und wie es kommentiert wird, sind häufig sehr unterschiedliche Dinge. Vor diesem Hintergrund bin ich ein bisschen skeptisch eingestellt. Wenn ich vorne stand und las, war ich unsicher, ob die Kamera mich nun erfasst oder nicht. Dennoch hoffe ich, dass ich Ihren Wünschen, den Texten und der Gemeinde mit meinem Lesen und meinem Auftreten gerecht werden konnte.

Der Gottesdienst an sich mit den Texten und dem, was an Botschaft übermittelt wurde, hat mir gefallen, besonders eindrücklich die Einführung durch die Frau mit der Maske. Hochachtung!

Monika Bunte, Düsseldorf

Lieber Herr Hegeler,

vielen Dank für Ihren Einsatz, der bei diesem Kirchentag sogar bis zu einem Gottesdienst geführt hat. Ich fand ihn in seiner Ernsthaftigkeit und seiner Vielfältigkeit sehr sehr eindrucksvoll. Bei Vielfältigkeit denke ich nicht nur an die Texte, sondern vor allem auch an den Tanz zu Beginn.

Die Heilige Afra könnte die Schutzheilige aller als „Hexen“ verbrannten Frauen sein (Abbildung frühes 17. Jahrhundert, Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg). War Venuspriesterin, wurde Christin und in der Christenverfolgung 304 in Augsburg verbrannt, wird immer im Feuer oder mit Feuer dargestellt, an einen Baum/ Stamm gefesselt.

D. Raubeck

Danke für die Erinnerungs- / Gedenkarbeit. Passen wir in der Gegenwart auf, verhalten uns heute so, dass die Christenheit später uns nicht verurteilt aus Gründen, wie wir heute leben…

Gabriele Dasio

Herzlichen Dank für den bewegenden Gedenkgottesdienst für die Opfer des Hexenwahns im Rahmen des Ökumenischen Kirchentags 2010 in München. Als gebürtige Würzburgerin, eine Hochburg des Hexenwahns, fand ich diesen Gottesdienst besonders gut. Leider wird in meiner Heimatstadt darüber wenig berichtet.

U.V.

Ich wünsche jedem Ort in Deutschland und anderen Ländern, wo Hexenprozesse stattgefunden haben, Gottesdienste wie diesen und Gedenkorte, die die Erinnerung wachhalten!

Marlene Straub

Der Gedenkgottesdienst war berührend, erschütternd, erlösend, wunderbar und höchste Zeit, dass er geschehen ist. Werde meine Energie einsetzen, dass auch in München zum Gedenken der Hexen etwas geschieht.

Brigitte Hörling

Diese Hexenprozesse fand ich unmöglich. Es gibt doch keine Begründung, unschuldige Menschen hinzurichten, darunter auch Kinder. Ich verstehe nicht, wie diese Leute auf diese Idee gekommen sind.

Dietrich Schoch

Sehr geehrter Herr Hegeler,

auf dem ökumenischen Kirchentag habe ich den „Hexengottesdienst“ besucht — mit einer Reihe von Freundinnen und Freunden aus der Duisburger Kirchengemeinde. Das Thema — in meinem Bewusstsein ursprünglich als etwas in einer Zeit verortet, die mit mir nichts zu tun hat und deshalb eher belanglos ist — hat mich aber dann doch interessiert.

Nach über 20 Jahren Berufstätigkeit in Frankfurt a.M. in Duisburg-Hochheide zurück, hat die unserem Freundeskreis angehörende Hetty Kemmerich meine Frau und mich für dieses Thema interessiert. …

Überrascht war ich, dass die Kirche gut gefüllt war, nicht weil ich das Thema immer noch – wie anfangs – für eine heute belanglose Verirrung von staatlicher und kirchlicher Macht in der Vergangenheit hielt, sondern weil ich meinte, dass das die Einstellung aller Kirchentagsbesucher sei.

Schon die Eingangspantomimin hat mich außerordentlich beeindruckt, ja fasziniert, zumal die Abstimmung mit der dem Thema angemessenen Musik sie zu einem besonderen Kunstgenuss machte. Auch die Predigt hat mich sehr angesprochen; an zwei Stellen hätte ich eine etwas geringere Theatralik begrüßt.

Die mittlerweile weit verbreitete Symbolik des Kerzenanzündens hatte gleichwohl eine tiefe Wirkung, weil sie dafür stand, Licht in eine verschüttete, dunkle Vergangenheit zu bringen. Wenn man es stärker pointiert: symbolisch ein barbarisch ausgelöschtes Lebenslicht wieder entzündete. Dass dies mit den Namen von einzelnen Menschen verbunden wurde, deren Patinnen die Namen und die — soweit bekannt – überlieferte Lebens-, richtiger Sterbensgeschichte – ansprachen, hat mich bewegt.

Als pensionierter Beamter ging mich das begangene Unrecht nicht nur aus christlicher Sicht etwas an, sondern auch aus Sicht des handelnden Staates. Sowohl von den Kirchenleitungen wir auch von staatlichen Repräsentanten — denkbar wäre da an den nächsten Bundespräsidenten — steht es nach meiner Kenntnis noch aus, dass für die Opfer dieses Wahnsinnes symbolisch eine Kerze angezündet wird.

Zum Schluss: Mit dem Hexengottesdienst wurde an die Menschen erinnert, die dem damaligen Wahn der Kirche und des Staates unter Berufung auf das Christentum wie auf staatliches Recht zum Opfer fielen. Sie sind ins Leben zurück geholt worden. Der Gottesdienst hat diesen Menschen ihre Würde, ihr Menschsein, zurückgegeben. Ob damit auch geholfen werden kann, den Tätern zu verzeihen, wird nicht im Diesseits entschieden.

Sehr geehrter Herr Hegeler, für mich war dieser Gottesdienst einer der Höhepunkte des Kirchentages. Ich danke Ihnen und allen daran Beteiligten.

B. G., Erlangen

Ich fand den Gottesdienst insgesamt gelungen und Ihre Predigt sehr eindrucksvoll. Übrigens, dass die bayrische Landeskirche bis heute die einzige Kirche die Erklärung zur Schuldanerkennung verabschiedet hat, wusste ich nicht und finde ich auch für die anderen Landeskirchen beschämend!